K 78, leider schon vorbei

Verfasst von Josef Bickendorf für Running TV Bedburg

Grüezi mitänand,

nachdem ich letzte Woche bei den abschließenden Trainingläufen für den K78 auch noch persönliche Bestzeiten gelaufen bin ging es dann am Dienstag Morgen um 5:00 Uhr mit dem ICE von Köln in Richtung Davos in Graubünden.
Endlich, nach der wochenlangen Anspannung ging es zum Swissalpine. Der Swissalpine ist, Zitat vom Veranstalter \”der größte Berg-Ultramarathon der Welt, die ultimative Herausforderung. 78,5 km lang, 2320 m bergauf und 2320 m bergab, 21 km durch hochalpines Gelände mit dem Panoramatrail als Schlüsselstelle auf 2600 m üM (schmaler, teilweise exponierter Bergweg)\”

Nachdem ich am Nachmittag in Davos angekommen bin musste ich zunächst noch in die Bergbahn einsteigen und hinauf zur Schatzalp fahren, meiner Unterkunft für die nächsten 5 Tage. Die Schatzalp ist ein wunderschönes, nostalgisches, im Jugendstil erbautes Hotel, das bis heute in seiner Originalform erhalten ist.

Die Tage bis zum Lauf habe ich in erster Linie mit Wanden in der gigantischen Bergwelt rund um Davos verbracht, um mich zu akklimatisieren. Am Freitag hatte ich, von den vielen hundert Höhenmeter, einen ganz schönen Muskelkater in den Beinen und musste einen Ruhetag einlegen.

Und dann, endlich ist es Samstag Morgen. Um 6:00 Uhr geht es zum Frühstück, 45 Minuten später mit der Bergbahn runter nach Davos und um 7:0 Uhr bin ich im Sportzentrum in dessen Stadion der Start sein sollte. Als erstes gebe ich noch meinen Rucksack bei der Sammelstelle ab, von dem er nach Bergün bei km 40 gebracht wird. Im Rucksack habe ich meine Trailschuhe, frische Laufbekleidung, Regenjacke, Verpflegung usw, wodurch ich auf Wetterveränderungen in den Bergen vorbereitet bin.

Kurz vor 8:0 Uhr geht es zusammen mit den K 31ern (32 km 3/4 Marathon)endlich in die Startaufstellung. Die Stimmung im Stadion ist gigantisch. Laute Musik schallt über den Platz, der Moderator gibt letzte Informationen und das Wetter könnte nicht besser sein. Mein Puls hat, obwohl ich nur in der Startaufstellung stehe, astronomische Werte und ich kann den Start nicht mehr erwarten.

Dann endlich fällt der Startschuss. Die gesamte Anspannung der letzten Tage fällt von mir ab und ich kann mich auf den bevorstehenden Lauf konzentrieren.Zunächst geht es eine halbe Runde durch das Stadion und anschließend durch die Straßen von Davos, angefeuert von zahlreichen Zuschauern. Sofort nach Davos geht es über felsige und schmaler werdende Waldwege mit zahlreichen Steigungen über Weiler Spinna und Monstein in in Richtung Filisur. Die Strecke wird immer anspruchsvoller denn es geht über Schotterwege, durch Tunnel, dann über ein Viadukt mit fantastischem Ausblick auf dem jeder Läufer fotografiert wird und immer wieder Steigungen rauf und runter. Bei km 31 erreiche ich nach 2:45 Stunden Filisur und die K 31er haben ihr Ziel erreicht. Wir, die K 78er, werden wie die Helden empfangen und gefeiert was dazu führt das ich mein Lauftempo etwas erhöhe. Die Strecke wird immer schwieriger und nach 4 Stunden erreiche ich Bergün bei km 40. Da das Wetter einfach toll ist tausche ich lediglich mein Stirnband und laufe auf meinen Straßenschuhen weiter. Nach Bergün geht es die nächsten 7 km mit mittleren Steigungen auf breiten Wegen nach Chants.

Ab hier wird es richtig steil und der Weg immer schmäler. Die Steigung ist so hart das nur noch Gehen angesagt ist. Immer wieder muss ich klettern, über Bäche springen, was mir nicht immer optimal gelingt und ich bekomme nasse Füße, und auf den wenigen flacheren Teilstücken wieder Laufen.

Dann endlich ist die Keschhütte in ca 3 km Entfernung hoch oben zu sehen, was mir einen neuen Motivationsschub gibt. Nach langen 6:14 Stunden und 53 km erreiche ich den höchsten Punkt der Tour, die Keschhütte auf einer Höhe von 2632 m üM. Hier wird jeder von einem Arzt nach seinem Zustand befragt und begutachtet ob man in der Lage ist den Rest der Strecke zu meistern. Also setzt ich ein freundliches Lächeln auf und versuche einen ausgeruhten Eindruck zu machen, mit dem Erfolg das ich weiter laufen darf. Aber als erstes gönne ich mir 10 Minuten Pause, trinke zwei Becher Bouillon und versuche meine verkrampften Beine etwas zu dehnen.Danach geht es weiter über einen extrem schmalen alpinen Hochgebirgsweg, über Geröll- und Schneefelder, immer wieder über Gegirgsbäche und Felsen. Tempo machen ist hier absolut nicht möglich. Wir laufen wie auf einer Perlenschnur aufgereiht und ein Überholen ist absolut unmöglich und viel zu gefährlich denn tritt man nur wenige Zentimeter neben dem extrem schmalen Pfad geht es mehrere hundert Meter steil bergab.

Danach geht es nochmal steil bergauf und ich erreiche den Scaletta-Pass bei km 60. Ab hier geht es fast nur noch bergab, aber an ein Überholen ist immer noch nicht zu denken. Dazu kommt das nun auch noch die \”langsameren\” (bitte nicht falsch verstehen denn auch die haben eine wahnsinns Leistung vollbracht) K 42er mit auf die Strecke kommen und dadurch reduziert sich das Tempo weiter. Also versuche ich es doch, überhole den ein und anderen bis sich meine Unvernunft rächt und ich stürze. Dabei ziehe ich mir Schürfwunden und Prellungen am linken Knie sowie an beiden Knöcheln zu. Also geht es ohne zu Überholen bergab nach Dürrboden. Ab hier werden die Wege wieder breiter und ich kann mein Tempo wieder laufen. Es geht durch ein nicht enden wollendes Tal bis endlich in ca 8 km Entfernung die Bergbahn von Davos sichtbar wird. Und dann noch ein letzter Schock, ich werde von fürchterlichen Krämpfen in den Beinen geplagt, was dazu führt das ich immer wieder Gehpausuen einlegen muss. Und das kostet Zeit, die mir aber mittlerweile gleichgültig geworden ist. Nur den letzten km möchte ich laufen. Als es dann zurück auf die Straßen von Davos geht sind die Krämpfe verschwunden und ich kann den Einlauf in das Stadion hin zur Ziellinie in vollen Zügen genießen.

Aber beim Einlauf ins Stadion gehen mir zwei Gedanken durch den Kopf.

Zum Einen denke ich, ich habe es in ein paar Metern geschafft, den K 78 bezwungen, auf den ich mich wochenlang gefreut habe, wegen dem ich so manche Nacht aufgewacht bin und über den ich mir unzählige Male den Kopf zerbrochen habe.

Zum Anderen denke ich mir, schade, in ein paar Metern ist es vorbei, eines der schönsten Erlebnisse meines Lebens gehen zu Ende und ich würde am liebsten zurück in die Startaufstellung und erneut loslaufen.

Aber als ich dann, nach 9:36:05 Stunden überglücklich durchs Ziel laufe bin ich froh es geschafft zu haben. Mit einem strahlendem Gesicht hole ich mir meine Medaille und mein Finisher Shirt und mache mich auf ins Hotel um so richtig lange zu Duschen um fit zu sein für die Siegesfeier.

Als ich am Sonntag Morgen zum Frühstück ging hatte die Hotelleitung bereits für jeden Läufer die Urkunden ausgedruckt und für uns bereitgelegt. Dabei sehe ich ganz unten auf der Urkunde in kleiner Schrift den Satz \”more than a race\”, und sie haben Recht.

Nun steht erstmal Regeneration auf dem Programm und ab Morgen wieder Leichtes Training für den Monschau Marathon, an dem ich in der nächste Woche teilnehmen möchte.

Bis bald und Grüezi mitänand

Josef